17.01.2024
Wenn man zu einer Veranstaltung einlädt und am Vortag die Katwarn-App mitteilt, man solle am nächsten Tag besser nicht das Haus verlassen, dann sind das gemeinhin nicht die besten Aussichten für ein erfolgreiches Event. So geschehen vor dem Filmabend, zu dem der Umweltverein zusammen mit dem Grünen Gockel der Ev. Kirchengemeinde Brühl just an dem Tag einlud, als überall schlimmstes Glatteis vorhergesagt war.
Zum Glück entspannte sich die Wetterlage bis zum Abend jedoch und so fanden erstaunlich viele Interessierte den Weg ins Ev. Gemeindezentrum. Gezeigt wurde „Heimat Natur“ von Jan Haft. Dieser ist kein Unbekannter, zahlreiche spektakuläre Naturfilme wie z.B. „Die Wiese – ein Paradies nebenan“ haben ihn bekannt gemacht. Mehrfach ausgezeichnet für seine Werke gilt er als einer der besten Naturfilmer der Welt.
„Heimat Natur“ begeisterte. Die „bildgewaltige Reise durch die Natur unserer Heimat“ zeigt mit außergewöhnlichen und beeindruckenden Aufnahmen die Tier- und Pflanzenwelt von ihrer schönsten Seite. Von den Gipfeln der Alpen bis an die Küsten und in die Tiefen von Nord- und Ostsee geht die Reise.
Spektakuläre Zeitraffer- wie auch Zeitlupenaufnahmen ließen die Anwesenden staunen und immer wieder fragte man sich, wie aufwendig es wohl gewesen sein musste, gerade diesen Moment mit der Kamera einzufangen, zeigt Jan Haft doch fast pausenlos atemberaubende Bilder. Benno Fürmann mit seiner sonoren Stimme liefert interessante Informationen dazu. Es wird klar, dass, wo immer der Mensch in die Natur eingreift, Artenschwund und Zerstörung von Ökosystemen in aller Regel die Folgen sind. Nur selten kann dabei – ungeplant – am Ende noch etwas Gutes entstehen. Beispiel: Nachdem in Deutschland nach dem Krieg massenhaft Fichten in Monokultur angepflanzt wurden, um nach all der Zerstörung den Aufbau zu ermöglichen, sterben diese nun genauso massenhaft den Hitze- und Dürretod im Rahmen der Klimaerwärmung. Was die Trockenheit nicht schafft, besorgt der Borkenkäfer, der die vorgeschädigten Bäume befällt. Mit schwerem Gerät wird in den Wäldern umhergefahren, um die abgestorbenen Bäume zu fällen und abzutransportieren. Wenn diese schweren Maschinen auch leider sehr ungünstig zu zunehmender Bodenverdichtung beitragen, erzeugen sie aber auch tiefe Spurrillen, in denen sich bei Gewitterregen Wasser sammelt, und die ausgerechnet und ironischerweise nun der bedrohten Gelbbauchunke Überlebensraum bieten, nachdem der Wald ansonsten zu trocken geworden ist.
Natur von ihrer schönsten Seite: gemeinsames Filmerlebnis im Ev. Gemeindezentrum | Foto: B. Hauck
Auch Heidelandschaften oder Almwiesen sind menschengemacht, es handelt sich um Flächen, die durch extensive Nutzung als Viehweiden waldfrei und Lebensraum für viele spezialisierte Tiere und Pflanzen bleiben. Meistens schafft der Mensch durch sein Eingreifen in natürliche Kreisläufe aber neue Probleme. Da man bspw. die wichtige ökologische Funktion des Bartgeiers nicht verstanden hatte, wurde der riesige „König der Lüfte“ – der Film zeigt wunderschöne Aufnahmen – Anfang des 20. Jahrhunderts im Alpenraum durch Bejagung ausgerottet. Sehr aufwendig ist es, den dramatischen Fehler wieder gutzumachen und sehr selten ist es so wie jetzt beim Bartgeier von Erfolg gekrönt.
Interessant auch die Ausführungen des Films zur Landwirtschaft. Die EU-Fördermittel für Landwirtschaft kommen leider zum größten Teil nicht nachhaltiger Landwirtschaft, sondern Argrarwüsten zugute, in denen kein Tier lebt, kein Kräutlein mehr wächst. Dies, weil die Höhe der Fördersummen an die Größe der Betriebe gekoppelt ist. So erhalten in Deutschland ein Fünftel der Betriebe vier Fünftel der Fördergelder – einfach aufgrund der Größe der jeweils bewirtschafteten Landfläche. Diese industrialisierte Landwirtschaft ist jedoch alle andere als ökologisch oder nachhaltig. Über 300 Wildkräuter wüchsen auf Ackerland – nicht jedoch, wenn Pestizide und Riesenmaschinen in gigantischen Monokulturen zum Einsatz kommen.
Der Film zeigte auf, was auf dem Spiel steht, und führte den Anwesenden die Schönheit und Kostbarkeit unserer heimischen Natur eindrucksvoll vor Augen.
Genau so empfanden es auch die anwesenden Zuschauer, wie die Diskussionsrunde unter der Leitung von Klaus Triebskorn nach dem Film zeigte. Auch wurde seitens der Diskussionsteilnehmer bedauert, dass für Umdenken und entsprechende Entscheidungen Verantwortliche dem Filmabend leider nicht beiwohnten. bh