Schwetzinger Zeitung vom 19.03.2025 - Von Rolf Simianer
Umweltverein: Ein gut besuchter und spannender Vortrag zur Rettung von Igeln von Elke Singer im evangelischen Gemeindezentrum.
Braunbrustigel wie dieses Exemplar benötigen immer öfter Hilfe von Menschen, um zu überleben. | Foto: dpa
Brühl. „Lotte“ hatte ihr Herz berührt: Ende 2023 fand Elke Singer aus Brühl das untergewichtige Igelmädchen und päppelte es unter Anleitung eines igelkundigen Tierarztes bei sich zu Hause auf. Seitdem ist die Berufsschullehrerin eine bekennende Freundin hilfsbedürftiger Stacheltiere.
„Sind sie noch zu retten, unsere Igel?“ – Mit dieser Frage überschreibt die Referentin ihren Vortrag im gut gefüllten Saal des evangelischen Gemeindezentrums. Obwohl die Tierart seit mehr als fünfzehn Millionen Jahren in Europa heimisch ist, hat der Mensch den Braunbrustigel innerhalb von 70 Jahren an den Rand des Aussterbens gebracht.
Die intensive Landwirtschaft und der damit einhergehende Insektenschwund zerstören vielerorts seine Lebensräume und Nahrungsgrundlage. Aber auch ausufernder Städtebau, Straßenverkehr, die Vermüllung der Landschaft und Lichtverschmutzung tragen scheinbar unaufhaltsam zum Verschwinden der Igel bei.
Am engsten genetisch verwandt ist der Igel mit Spitzmaus und Maulwurf. Er liebt die kleinteilige, vielschichtige und giftfreie Landwirtschaft, die von hohen Hecken und deren Unterholz durchzogen wird.
Als Kulturfolger leben daher mittlerweile beinahe zehnmal so viele Igel in der Nähe des Menschen – in Gärten, Grünflächen und Parks – als in der ausgeräumten freien Landschaft.
Insekten als Lieblingsfutter
Mit ihrem ausgeprägten Gehör und Geruchsinn spüren die nachtaktiven Einzelgänger ihre Beute auf. Die Lieblingsnahrung der Insektenfresser besteht zu über 50 Prozent aus Käfern und Schmetterlingslarven, gefolgt von Regenwürmern, Ohrwürmern, Tausendfüsslern, Mücken und Asseln.
Da es jedoch immer weniger Käfer und Schmetterlingslarven gibt, verengt sich der Speiseplan hauptsächlich auf Regenwürmer und Schnecken, die aber wiederum Träger von Parasiten sind, die den Igeln gefährlich werden können.
Tagsüber ruhen die Tiere in selbst gebauten Schlafnestern. Sie können bis zu 30 Zentimeter groß, 1,5 Kilogramm schwer und acht Jahre alt werden. Jedoch sterben aktuell zwischen 60 und 80 Prozent der Jungtiere innerhalb des ersten Lebensjahres.
Anschaulich schildert Elke Singer die Laute und Geräusche aus der Igelsprache. „Beim Essen schlabbern sie, bei Gefahr fauchen und knurren sie. Und wenn Jungtiere ihre Mutter suchen, zwitschern sie wie Vögel.“
Wer Igeln helfen möchte, der lege seinen Garten naturnah an – „Damit ist eigentlich alles gesagt“, wie die Expertin meint. Der Garten darf ruhig auch „unordentlich“ aussehen. Wichtig sind Durchgänge zu Nachbargärten und eine ruhige Umgebung – nicht zu Straßen.
„Wilde Ecken“ stehenlassen
Gartenbesitzer sollen auch Hecken aus einheimischen Gehölzen anpflanzen und da und dort „wilde Ecken“ belassen. Bereits mit einer Europalette an einem versteckten Platz kann man den Tieren Unterschlupf bieten. Im Frühjahr ist es wichtig, das Laub und vertrocknete Pflanzenstängel nicht zu früh zu entfernen, weil sich darunter der Insektenbestand entwickelt und die Blätter zum Nestbau nötig sind. Wer den Rasen in längeren Abständen mäht, Blühwiesen und einen Komposthaufen anlegt, unterstützt die Igel zusätzlich.
Kritik äußert Elke Singer an den gut gemeinten, aber oft falsch gehandhabten Igelkästen, die von Brühler Gemeindemitarbeiten aufgestellt werden. Oft befinde sich zu wenig Laub darin – oder auch Platanenlaub, das Igel zum Nestbau nicht verwenden können.
Manchmal seien sie an Standorten mit Lärm aufgestellt, der die geräuschempfindlichen Tiere eher abschreckt. Zudem habe sie mitbekommen, wie die Kästen bereits im März verschwinden, zu einer Zeit, da viele Igel noch Winterschlaf halten.
Auf den Vorschlag aus dem Publikum, darüber doch mit der zuständigen Stelle in der Brühler Gemeindeverwaltung zu reden, antwortet sie: „Das werde ich mir ernsthaft überlegen.“
Zum Schluss ihres Vortrages regt Elke Singer ein Netzwerk von Menschen an, die mithelfen, dass Igel als Art überleben. Dabei soll ein Austausch unter sich gegenseitig unterstützenden Helfern entstehen.
„Es wäre schön, wenn Brühl noch mehr zu einer igelfreundlichen Gemeinde wird.“ Mit diesem Wunsch beendet die Igelfreundin Elke Singer ihren informativen Vortrag, der auch Inspiration für die vielen Anwesenden war und den stacheligen Gesellen sicherlich helfen wird.
Elke Singer setzt sich leidenschaftlich
für die Rettung von Igeln ein. | Foto: Simianer